An Graffiti scheiden sich nach wie vor die Geister: Vandalismus und kriminelles Treiben für die einen, authentische Jugendkultur für die anderen, wahrnehmen eines ‚Grundrechts‘ auf Ausdruck und Gestaltung für Szeneangehörige.
CROSSOVER rückte in den Jahren 1996 bis 2010 Schnittstellen in den Mittelpunkt. Kein Graffiti ohne Bezüge zu Musik und Tanz, kein Breakdance ohne Musik, kein Rap ohne Hinweise auf Gruppen- und Szenezugehörigkeit, kein Fanzine, Logo oder Cover, dass sich stilistisch nicht an ‚Wandbildern‘ orientiert, kein Hip Hop – Groove, der nicht immer auch als‚Folie‘ für Aktionen und Lebensgefühl dient. In der Summe ist und bleibt die Hip Hop Kultur ein Faszinosum für Kinder und Jugendliche, mit breiter Ausstrahlung in den Musik- und Medien-Mainstream hinein: widerständig und schrill, eigensinnig und provokativ, kreativ und Zeichen setzend.
Unter dem Titel CROSSOVER organisierte die LAG Pop von 1996 – 2010 einmal jährlich berlinweit Workshops – Graffiti & Airbrush, Rap, Breakdance, DJimg – in und mit kooperierenden Jugendeinrichtungen. Den Abschluss bildete Jahr für Jahr die Gestaltung des mehr als 100 Meter langen Bauzauns, der während der Renovierungsarbeiten das Berolina-Haus am Alexanderplatz umschloss. Nach Fertigstellung des Berolina Hauses zog CROSSOVER an jährlich wechselnde Orte, so u. a. in das ‚Jugendkulturzentrum International‘.
Die Workshops boten interessierten Jugendlichen die Chance, Fertigkeiten und Kenntnisse auf allen Gebieten der Hip Hop Kultur zu erwerben und zu erweitern: ob Spray-, Druck- oder Grafiktechniken, Breakdancekombinationen, DJing oder Rap- und Musikproduktionen. Könnerinnen und Experten aus der Szene stellten ihre Erfahrungen zur Verfügung, leiteten die Workshops und vermittelten Tips und Tricks.
Hier hat sich über Jahre außerhalb etablierter Kunst- und Kulturvermittlung eine Szene selbstorganisiert, Formen der Gestaltung entwickelt und weitergegeben, Stile verfeinert und in viele Richtungen ausdifferenziert. Der Einstieg in Markt und Kommerz war daher durchaus folgerichtig. Bedeutsam und in jeder Hinsicht untypisch für den Kultur- und Kunstbetrieb seinerzeit war der egalitäre Zugang, der Jugendliche und junge Erwachsene aus Einwanderernationen zu Protagonistinnen der Hip Hop Kultur machten.
Hip Hop und Graffiti haben heute ihren Siegeszug durch die gesamte Welt hinter sich und sind aus Musik, Mode, Galerien, Werbung, Medien, ja selbst Typografie, nicht mehr wegzudenken. Was Jugendkulturarbeit in diesem Zusammenhang leisten konnte und kann? Sie unterstützt(e) die kaum wahrnehmbaren Veränderungen, manches mal auch Sprünge, die in der Summe „Landgewinne“ in Richtung gesellschaftlicher Offenheit erbringen. Sie bot und bietet Raum und Resonanz für Erkunden von und Experimentieren mit neuen Ausdrucksformen, an und mit denen Kinder und Jugendliche wachsen können